Als Referent begrüßte Ortsvereinsvorsitzender Gerhard Fatum (unser Bild links) den Giessener Rechtsanwalt Horst Nachtigall (unser Bild rechts). Er ist Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag des Landkreises Gießen und hat in seiner langjährigen kommunalpolitischen Arbeit Erkenntnisse über PPP (oder auch in Deutsch: ÖPP – Öffentliche Hand-Private Wirtschaft-Partnerschaft) sammeln können.
Gerhard Fatum umriss zu Beginn ohne auf die baulichen Details einzugehen das Projekt Rathaussanierung unter den zurzeit in der Stadt Lauterbach herrschenden finanziellen Rahmenbedingungen, sprich der hohen Verschuldung.
Vollmöller und CDU für PPP
Bürgermeister Vollmöller und die CDU haben sich dem PPP-Ziel verschrieben, nämlich durch eine langfristig angelegte Zusammenarbeit zwischen Öffentlicher Hand (hier: die Stadt Lauterbach) und privater Wirtschaft (hier: OFB- Projektentwicklung eine Tochter der Hessischen Landesbank) öffentliche Infrastrukturprojekte (hier: das Lauterbacher Rathaus) effizienter zu realisieren als unter der Regie und Eigenverantwortung der Stadt.
Umsetzung als Mietkaufmodell
Eine schon im Jahre 2000 vorliegende Kostenermittlung durch Stadtplanerin Dipl.-Ing. Gabriele Pfeff-Schmidt zur Rathaussanierung hatte eine Summe von 4,6 Millionen D-Mark ergeben . Die heutige Konzeptplanung der Projektentwicklungsgesellschaft schließt mit dem 2,5-fachen der damaligen Kosten ab. Derzeit sind Sanierungskosten von 5,8 Millionen Euro im Gespräch. Umgesetzt werden soll die Rathaussanierung im Rahmen eines Mietkaufmodells. Da heißt: die Stadt überlässt das Rathaus der Gesellschaft in Erpacht, die Gesellschaft saniert das Gebäude entsprechend den Vorgaben, verkauft die Mietforderungen an eine Bank und die Stadt zahlt 25 bzw. 35 Jahre einen festen vorher vereinbarten Mietpreis (jährlich 272 000 Euro) – bis wahrscheinlich für 1 Euro nach 35 Jahren die Immobilie in den Besitz der Stadt zurückgeht (man spricht von Heimfall). Nach 35 Jahren bekomme die Stadt dann eine Immobilie zurück, die intensiv genutzt wurde und wieder saniert werden müsse.
272 000 Euro jährliche Mietzahlungen
Nicht nur der Referent Horst Nachtigall, der bzweifelte, dass das Lauterbacher Projekt ein echtes PPP_Projekt sei, machte seine Rechnung auf, sondern auch im Publikum wurde gerechnet. Die Belastungen, die auf die hoch verschuldete Stadt durch die jährliche Mietzahlung zukommen, sind beträchtlich. Über die Frage, ob die Stadt sich dann nicht doch besser stehe, wenn sie die Rathaussanierung in eigener Verantwortung realisiere, war auch bei der anschließenden Diskussion immer wieder Thema. Und die Skepsis, ob der Nachteil des Mietkaufmodells mit seinen Unwegbarkeiten (wie veränderte Anforderungen an eine Kommunalverwaltung, mögliche Verwaltungsreform u. dgl.) für die Stadt mehr Nachteile als Vorteile bringe, wuchs mit zunehmender Veranstaltungsdauer und die Realisierung in klassischer Weise – also in Eigenregie der Stadt und eigener Finanzierung wurde als nachhaltiger beurteilt. Nachtigall bezweifelt, dass durch das PPP-Modell für die Stadt eine Kostenersparnis eintritt.
Wirtschaftlichkeitsvergleich vermisst
Horst Nachtigall vermisste beim Lauterbacher Rathaus-Projekt ein Wirtschaftlichkeitsvergleich, sowohl innerhalb möglicher PPP-Angebote als auch im Falle einer klassischen, also städtischer Eigenfinanzierung. Er gab viele Anregungen für die SPD-Kommunalpolitiker, die sich in den nächsten Wochen um Entscheidungsfindung bemühen müssen. Die Vertragsverhandlungen der Stadt mit der privaten Projektentwicklungsgesellschaft und die nun bevorstehende Arbeit von Parlamentskommissionen spielen sich nicht-öffentlich ab. Und so wurde an diesem Abend vor allem der drohende Mangel an Transparenz und des Verlustes parlamentarischer Kontrolle beklagt. Dies so bestätigte auch Horst Nachtigall aus Gießen sei ein großes Problem.