Eltern und Erzieherinnen sind aufgebracht

Sitzplätze wurden schnell rar im Saal des Ludwigshofs in Lauterbach-Reuters (unser Bild): Der Vorsitzende und Landtagskandidat der SPD-Vogelsbergkreis, Swen Bastian, hatte zu einer „Anhörung vor Ort“ zum geplanten „Kinderförderungsgesetz“ mit dem Familienpolitischen Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, MdL Gerhard Merz, eingeladen und rund 120 Besucher waren gekommen.

Betroffene kamen zu Wort

Die Teilnehmer, zum größten Teil Vertreter der Vogelsberger Kindergärten und Tagesstätten, Eltern, Erzieherinnen, Leitungen, Träger und Kirchenvertreter, brachten übereinstimmend ihren Unmut über das hessische Kinderförderungsgesetz zum Ausdruck, das von CDU und FDP im Landtag eingebracht worden ist. Ziel der Veranstaltung sei es, so der SPD-Vorsitzende Bastian in seiner Begrüßung, die Betroffenen, Fachleute und Interessierten aus dem Vogelsbergkreis zu Wort kommen zu lassen und die konkreten Stellungnahmen nach Wiesbaden zu tragen.

Rückschritt droh

Im Anschluss an die Vorstellung des von CDU und FDP vorgelegten Gesetzentwurfes durch den Landtagsabgeordneten Gerhard Merz entwickelte sich eine lebhafte Diskussion. Fachleute und Besucher äußerten ihre Sorge, dass das „Kinderförderungsgesetz“, welches seinen Namen nicht verdiene, zu einem Qualitätsabbau und zu finanziellen Einschnitten bei den Trägern führen werde. Im Mittelpunkt des Gesetzentwurfes würden nicht die Kinder stehen. Die geplante Umstellung auf eine Pauschale pro tatsächlich aufgenommenem Kind werde dazu führen, dass die Gruppen bis zum maximal möglichen Punkt von 25 Kindern oder in Ausnahmefällen sogar darüber hinaus gefüllt würden. Unter Qualitätsgesichtspunkten wäre das ein Rückschritt in der frühkindlichen Betreuung, erklärte eine Erzieherin.

Finanzschwache Gemeinden besonders bestroffen

Das Gesetz schaffe mit der Einführung eines Betreuungsmittelwertes Anreize die Öffnungszeiten gering zu halten. Weiche ein Träger nach oben von diesen festgelegten Standards ab, um berufstätigen Eltern eine bedarfsgerechte Ganztagesbetreuung zu ermöglichen, dann bleibe der Träger allein auf den Kosten sitzen. Insbesondere finanzschwache Kommunen, so die Befürchtung, seien nicht in der Lage die reduzierte Förderung mit eigenen Mitteln auszugleichen. Dadurch werde es dort zwangsläufig zu Angebotseinschränkungen und Qualitätseinbußen auf dem Rücken von Kindern, Eltern und Beschäftigten kommen.

Fachfremdes Fachpersonal stopft Löcher

Von Seiten der Erzieherinnen wurde deutlich gemacht, dass die im Gesetz vorgesehene Möglichkeit bis zu 20% der Personalstellen mit Nicht-Fachkräften zu besetzen, den heutigen Anforderungen nicht gerecht werde und einer Entprofessionalisierung der pädagogischen Arbeit gleichkomme. Anstatt die angestrebte Aufwertung des Erzieher-Berufes voranzutreiben, müsse man den angedachten Einsatz von fachfremdem Personal geradezu als Affront auffassen.
In ihrem Fazit des Abends machten Gerhard Merz und Swen Bastian deutlich, dass das „KiföG“ auf eine „endgültige Ökonomisierung der Kinderbetreuung in Hessen“ abziele. Betriebswirtschaftliche Vorgaben würden beim schwarz-gelben Entwurf im Vordergrund stehen, nicht die Bedürfnisse der Kinder oder die praktische Arbeit in den Kindergärten und Tagesstätten. Bastian forderte die Besucher der Veranstaltung auf, weiter aktiv zu bleiben und für mehr statt weniger gute Betreuung in Hessen einzutreten. „Seien Sie hartnäckig“, sagte Bastian, der ankündigte dass eine SPD-geführte Landesregierung das Gesetz außer Kraft setzten und durch eine neue Regelung ersetzen werde, wenn die Proteste bei den Fraktionen von CDU und FDP weiterhin auf taube Ohren stoßen sollten und diese das „KiFöG“ gegen alle Ratschläge beschließen würden. Gerhard Merz unterstrich man werde in Abstimmung mit den Verbänden, Einrichtungen und Experten frühkindlicher Bildung einen Gesetzentwurf vorlegen, der seinen Schwerpunkt auf die Qualität der Angebote lege, anstatt auf die betriebswirtschaftliche Betrachtung der Kinderbetreuung in Hessen.